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Über kleshas, die störenden Kräfte

 

Aus aktuellem Anlass möchte ich ein wenig über kleshas schreiben, die störenden Kräfte, die uns Leid verursachen.

Patanjali führt unser Leid, unsere Unzufriedenheit, auf fünf Ursachen zurück, die jedoch, wenn man genauer hinschaut auf eine einzige zurückzuführen ist.

Die fünf störenden Kräfte lauten:

avidya: Irrung / Verwechslung
asmita: Egoismus / Selbstbezogenheit
raga: blinde Zuneigung / Gier
dvesa: blinde Abneigung / Vorurteil
abhinivesa: das Festhalten an etwas (am Leben) / Angst / Todesangst

Quelle: Patanjali Das Yogasutra, Von der Erkenntnis zur Befreiung
Einführung, Übersetzung und Erläuterung von R. Sriram
2006 Theseus in J. Kamphausen Verlag & Distribution GmbH, Bielefeld

Das klesha auf das sich alle anderen zurückführen lassen ist avidya.

Avidya bedeutet so viel wie, dass wir die Welt und die Dinge und Lebewesen um uns herum nicht so wahrnehmen wie sie wirklich sind.

Nicht einmal uns selbst nehmen wir so wahr wie wir wirklich sind.

Wir können die Welt nicht so sehen wie sie ist und dies verursacht uns Leid.

Subjektiv betrachtet glauben wir die Welt, in die wir schauen, real wahrzunehmen. Doch von den 100% der Nerven, die für unser Sehen verantwortlich sind, haben etwa nur 17% Kontakt mit der Außenwelt. Circa 83% der Bilder, die wir sehen werden vom Gehirn selbst erzeugt und erschaffen. Wir sehen die Welt also niemals wie sie wirklich ist, sondern wie wir sie machen, frei nach dem Pippi Langstrumpf Motto „Ich mach mir die Welt wie sie mir gefällt". Je nachdem in welcher Stimmungslage wir uns befinden, sehen wir die Welt anders. Unser Gehirn macht die Welt dann tatsächlich farbenfroher oder grauer.

Andere Lebewesen sehen die Welt verschieden wie wir, seien es nun Kleinstlebewesen, Insekten, Vögel oder Säugetiere.

Geräusche und Gerüche werden unterschiedlich wahrgenommen. Wir können z.B. keine Ultraschallfrequenzen wahrnehmen wie z.B. Fledermäuse, die auf diese Weise „sehen" oder wir nehmen Gerüche ganz anders wahr als Hunde, die mit ihrem Geruchssinn sogar Krankheiten „erschnüffeln" können.

Wir können die Welt daher nicht so wahrnehmen wie sie ist, unser Gehirn „erfindet" das Passende hinzu.

Jede*r macht sich die eigene Welt, wie dies auch Andreas Bourani in seinem Lied „Nur in meinem Kopf" vertont hat.

Wir schaffen uns unser eigenes Leid, indem wir die Dinge nicht so „sehen", „hören", „wahrnehmen" wie sie sind.

Wir schaffen uns Leid indem wir uns mit Dingen identifizieren und sagen, dass etwas so und so ist oder wir so und so sind. Doch wir sind niemals so oder so, da wir keinen Zustand halten können und es nichts gibt, was ewig währt.

Wenn wir erkranken, sagen wir häufig: „Ich bin krank" oder „Ich habe dies oder das" und wir identifizieren uns ganz mit der Erkrankung. Aber wir sind nicht diese Krankheit. Die Schmerzen, die wir bemerken, sind nicht immer gleich oder auch von gleicher Intensität. Sie sind auch nicht immer an der gleichen Körperstelle verortet. Oftmals wollen wir sie nur verdrängen. Doch wenn wir Schmerzen mal genauer wahrnehmen, hinspüren, können wir bemerken, dass sich auch Schmerz verändert, mal stärker, mal schwächer ist, auch nicht im ganzen Körper spürbar ist. Es können immer irgendwo Unterschiede festgestellt werden. Es gibt immer etwas, was nicht schmerzt. Wir sind nicht der Schmerz. Es gibt immer Veränderungen.

Um Dinge klarer zu sehen und zu lernen Dinge zu unterscheiden, kann Yoga geübt werden.

Yoga kann dabei helfen mit seinen unterschiedlichen körperlichen Übungen, Atemtechniken und Meditation mehr Ruhe in übermäßige, geistige Unruhe zu bringen und Dinge unterscheidbar und klarer zu machen, so dass avidya, die Unklarheit abnimmt.